Modul II des Forschungs- und Förderkonzepts „e:Med – Maßnahmen zur Etablierung der Systemmedizin"
Ein längeres Leben – dank verbesserter Gesundheitsversorgung und allgemeiner Lebensumstände ist die durchschnittliche Lebenserwartung in den vergangenen 100 Jahren um knapp 30 Jahre gestiegen. Ohne die Fortschritte in der Gesundheitsforschung wäre dies nicht möglich gewesen. Trotz dieser Entwicklungen gibt es jedoch weiterhin viele Erkrankungen, deren Ursachen und Entstehung noch nicht gänzlich aufgeklärt sind. Hier ist nach wie vor keine Heilung, sondern nur eine Behandlung der Symptome möglich. Es bedarf daher weiterer Ansätze in der medizinischen Forschung, um neue wirksamere und besser verträgliche Therapien gegen diese Krankheiten zu entwickeln.
Das Konzept der „Individualisierten Medizin“ setzt genau hier an und versucht, die vielen individuellen Faktoren, die die Gesundheit und mögliche Krankheitsverläufe beeinflussen, zu berücksichtigen. Das Konzept ist darauf ausgerichtet, Erkrankungen genauer zu diagnostizieren und möglichst passgenau darauf abgestimmte – „individualisierte" – Therapien abzuleiten, um so eine verbesserte Wirksamkeit bei gleichzeitig möglichst geringer Belastung durch Nebenwirkungen zu erreichen.
Patientendaten bestmöglich nutzen
Grundlage der Individualisierten Medizin bilden umfangreiche und verknüpfte Datensätze. Diese bestehen aus molekularbiologischen sogenannten „Omics“-Daten, die mit modernen Hochdurchsatz-Verfahren in großem Umfang erhoben werden und aus allen verfügbaren klinischen Patientendaten. Interdisziplinäre Forschungsteams nutzen diese komplexen Datensätze, um Computermodelle zu entwickeln, die eine differenzierte Diagnose für jeden einzelnen Krankheitsfall ermöglichen und die individuellen Krankheitsverläufe unter verschiedenen Therapieverfahren vorhersagen können.
Dieser systemorientierte Forschungsansatz ermöglicht es, dass neue fundamentale Erkenntnisse auch bei hochkomplexen und multifaktoriellen Krankheiten wie Krebs, neurodegenerativen und autoimmun Erkrankungen gewonnen werden. Mit den Methoden der konventionellen medizinischen Forschung der vergangenen Jahrzehnte war dies bislang nicht möglich. Die besondere Herausforderung bei dieser ganzheitlichen Herangehensweise ist das Zusammenbringen aller dafür erforderlichen Expertisen aus den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen wie Molekularbiologie, Mathematik, Informatik, (Bio)-Physik und Medizin. Nur wenn Fachexpertinnen und -experten aus all diesen Gebieten eine gemeinsame Sprache finden und erfolgreich in einem interdisziplinären Team zusammenarbeiten, kann ein systemmedizinischer Forschungsansatz gelingen.
Forschungs- und Förderkonzept e:Med
Die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen und die Förderung des Aufbaus einer entsprechenden Community stellt das Kernelement des Forschungs- und Förderkonzepts „e:Med – Maßnahmen zur Etablierung der Systemmedizin" dar. Das Gesamtkonzept von e:Med besteht aus fünf Modulen. Mit Modul II „Demonstratoren zur Individualisierten Medizin" sollen besonders anwendungsnahe Demonstratoren-Projekte gefördert werden, die den direkten Nutzen des systemmedizinischen Forschungsansatzes für die individualisierte Medizin in der klinischen Anwendung belegen.
Derzeit fördert das BMBF im Rahmen der zweiten Förderperiode von e:Med vier interdisziplinäre Forschungsverbünde. In diesen arbeiten theoretische, grundlagennahe und klinische Arbeitsgruppen aus universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie der Industrie gemeinsam an einer krankheitsbezogenen Forschungsfrage. Mit Hilfe eines systemmedizinischen Forschungsansatzes untersuchen die Verbünde chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa), maligne Lymphome (diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom), Alkoholsucht (Behandlungsoption mit dem Hormon Oxytoxin) und chronische Nierenerkrankungen (Behandlung von Blutarmut durch Erythropoetin und dessen Abkömmlinge). Die Verbundprojekte sind zwischen Juni und September 2019 gestartet. Das BMBF unterstützt die Verbünde mit einem Fördervolumen von 8,1 Millionen Euro. Eine Kurzvorstellung der Projekte finden Sie hier.
Vernetzung und Aufbau einer Systemmedizin-Community
Die übergreifende Koordination von e:Med wird durch das e:Med-Projektkomitee gesteuert, das aus 14 Vertreterinnen und Vertretern der e:Med-Module I – III besteht, denen turnusmäßig zwei Sprecherinnen bzw. Sprecher vorstehen. Unterstützt wird das Projektkomitee dabei von der e:Med-Geschäftsstelle, die alle vom Projektkomitee geplanten Maßnahmen operativ umsetzt. Die Geschäftsstelle dient ebenso als Kommunikationszentrale und zentrale Anlaufstelle für alle im Netzwerk engagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und als Schnittstelle zur gesamten Systemmedizin-Community, mit der das Netzwerk in einem intensiven und regelmäßigen Austausch betreibt. Seit 2014 hat das Projektkomitee zahlreiche Maßnahmen imitiert, die die Geschäftsstelle mit Hilfe der e:Med-Community umgesetzt hat. Neben vielen weiteren Aktivitäten haben insbesondere die Ausrichtung der jährlichen e:Med-Jahrestreffen, der Aufbau des e:Med-Internetportals und die Vernetzungsaktivitäten über gemeinsame Projektgruppen und Workshops entscheidend dazu beigetragen, dass das übergeordnete Ziel des Forschungs- und Förderkonzeptes e:Med, die Etablierung der Systemmedizin Deutschland, erfolgreich realisiert werden konnte und weiter verstetigt wird.
Bisherige e:Med-Bekanntmachungen der Module I- III von 2012 bis 2020:
Modul I: Forschungskonsortien zur Systemmedizin – 2012
Modul II: Demonstratoren zur Individualisierten Medizin – 2013
Modul IIIb: Juniorverbünde in der Systemmedizin – 2013
Modul IIIa: Nachwuchsgruppen in der Systemmedizin – 2014
Modul IIIc: Interdisziplinäre Summer Schools in der Systemmedizin – 2014
Modul IIIc: Interdisziplinäre Summer Schools in der Systemmedizin –2016
Modul IIIc: Interdisziplinäre Summer Schools in der Systemmedizin – 2017/2018
Modul I: Systemmedizinische Forschungsverbünde – 2018
Modul II: Demonstratoren zur Individualisierten Medizin – 2018
Modul IIIb: Juniorverbünde in der Systemmedizin – 2018
Modul IIIc: Interdisziplinäre Summer Schools in der Systemmedizin – 2020/21