Firmenportrait Phenex Pharmaceuticals AG
Von Thomas Hoffmann
Die Forschung an innovativen Arzneimitteln wird von großen Pharmaunternehmen dominiert. Zwischen dem Endprodukt der akademischen Forschung, meist der Publikation, und dem Punkt, bei dem das Interesse dieser Pharmafirmen anfängt, idealerweise einen konkreten, neuen Arzneimittelkandidaten zu finden, klafft allerdings eine große Lücke, um nicht zu sagen eine gewaltige Gletscherspalte. Bei der Überwindung dieser Gletscherspalte zu helfen, ist das Anliegen von Biotech-Firmen wie Phenex Pharmaceuticals AG.
Nahe dran an der akademischen Forschung, schnell und flexibel sowie tief im Verständnis der Biologie wollen wir sein – das unterscheidet uns von den großen Pharmafirmen. Ausstattung und Know-How im Bereich der angewandten Forschung und Entwicklung, Marktkenntnisse und betriebswirtschaftliches Wissen sowie das notwendige Kapital – das unterscheidet uns von akademischen Arbeitsgruppen.
Das Leben als deutsche Biotech-Firma, zumindest wenn man neue Arzneimittel entwickeln will, ist zugebenermaßen allerdings nicht ganz risikolos. Forschung & Entwicklung ist teuer, das im Gegensatz zu den USA in Deutschland zur Verfügung stehende Risikokapital sehr knapp. Das intrinsische Geschäftsrisiko durch intelligent ausgesuchte Projekte, Einsatz und Herzblut auszugleichen, ist die Mission eines Biotech-Unternehmens. Und wenn am Ende noch Fortune dazukommt, dann sind auch hierzulande Erfolge möglich.
Gründung und Aufbruch
Die Geschichte der Phenex Pharmaceuticals AG begann Ende 2002 in Heidelberg. Auf Basis einer umfangreichen Klon- und Assay-Sammlung rund um die Targetklasse der Kernrezeptoren sowie chemischen Substanzbibliotheken, wollte die Gesellschaft neue Medikamente für Leber- und Stoffwechselkrankheiten entwickeln. Im Fokus stand dabei von Anfang an der FXR–Rezeptor, über den wir im Laufe des Artikels später noch berichten werden.
Doch vor der Investition stand die Suche nach Kapital. Allerdings waren die Zeiten für Neu-Finanzierungen von Unternehmensgründungen damals sehr düster. Nach dem Crash der Technologie-Börse Neuer Markt in 2000/2001 war deutsches Risikokapital quasi nicht erhältlich, so dass die Gesellschaft auf die Rekrutierung ausländischen Risikokapitals angewiesen war. Doch erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu, um es auf „fußballerdeutsch“ zu sagen.
Risikokapitalgeber sind von Natur aus risikoscheue Wesen, die sich in der Gemeinschaft von anderen Risikokapitalgebern wohler fühlen als alleine. Pech für uns war, dass zeitlich parallel in Straßburg ein neues Unternehmen ebenfalls mit Fokus auf Kernrezeptoren gegründet wurde, das aufgrund eines bestehenden französischen Risikokapital-Commitments weiteres europäisches Kapital wie ein schwarzes Loch anzog. Finales Ergebnis nach Gesprächen mit ca. 60 Investoren waren dann 30 Mio. Euro für die französische Konkurrenz und null Euro für uns. Nicht gerade ein Traumstart!
Zuerst Nutzung der Plattform als Cash Cow
Es hieß dann damals, Standhaftigkeit zu beweisen. Zu Hilfe kamen uns zuerst zwei größere Dienstleistungsprojekte für eine Pharmafirma, die wir glücklicherweise über die guten Kontakte eines Mitgründers rekrutieren konnten. Wir setzten in diesen Projekten unsere technologischen Assays und Tools erstmals dazu ein, molekulare Rezeptor-Liganden-Profile für einen Kunden zur Charakterisierung von dessen Arzneimittelkandidaten zu generieren.
Die Biologie der Kernrezeptoren, die als Transkriptionsfaktoren u. a. über die Steuerung der Transkription von Zielgenen sehr tief in diverse Signalwege eingreifen, ist komplex. Sie sind als pharmakologische Ziele für Pharmafirmen überaus interessant, da ihre Modulation meist mit einer überragenden therapeutischen Wirksamkeit verbunden ist. Sie zählen zu den wichtigsten Zielstrukturen für die pharmazeutische Industrie überhaupt. Umsätze im zweistelligen Milliardenbereich werden jedes Jahr mit Medikamenten, die an Kernrezeptoren ansetzen, erwirtschaftet. Viele bekannte und erfolgreiche Medikamente wie beispielsweise Kortison, die Antibabypille oder diverse Krebsmedikamente setzen an Kernrezeptoren an.
Andererseits hat das pharmakologische Targeting von Kernrezeptoren aufgrund ihrer zentralen, biologischen Funktion und ihrer dadurch oft pleiotropen Wirkweise (wirkt auf verschiedene Zielstrukturen und ruft daher unterschiedliche Effekte hervor) auch seinen Preis. Ein allgemein bekanntes Beispiel für dies ist der Glucocorticoid-Rezeptor mit seinem Liganden Kortisol. Die herausragende antientzündliche Wirksamkeit von Kortison ist uns allen bekannt. Das damit verbundene Nebenwirkungs-Potential dieser Arzneimittel leider ebenso. Um es kurz zu sagen, um erfolgreiche Medikamente in der Targetklasse der Kernrezeptoren zu entwickeln, muss man biologisch genau hinschauen. Die Biologie der Kernrezeptoren ermöglicht es, selektive Modulatoren zu entwickeln, die im Verhältnis Wirkung zu Nebenwirkung ein deutlich besseres therapeutisches Fenster aufweisen. Oder um es nicht biologisch auszudrücken, es gibt nicht nur einen „Ein- oder Aus-Modus“ des Rezeptors, sondern vielmehr ist der Rezeptor „dimmbar“, teilweise sogar gen- oder gewebsselektiv durch Liganden ansteuerbar.
Molekularbiologischer Fingerabdruck
Mit unseren Technologien sind wir in der Lage, Liganden gemäß ihres molekularbiologischen Fingerabdrucks genauer zu klassifizieren, um sich gewünschten selektiven Profilen anzunähern. Das ist der Hauptfokus von Phenex, und war auch die Grundlage für unser Servicegeschäft in Form von kleineren und größeren Kooperationsprojekten auf Basis unserer Kernrezeptor-Assays, also Dienstleistungen, die wir bis zum heutigen Tag für Pharmafirmen anbieten.
Der aus erwirtschaftete Cash Flow finanzierte die Gesellschaft von Ihrer Gründung bis Mitte 2005, generiert bis zum heutigen Tag einen Deckungsbeitrag für unsere eigenen Forschungsaktivitäten und lieferte unschätzbare Kontakte, Anregungen und Glaubwürdigkeit für das Kommende. Im Nachhinein waren damit die Jahre, in der wir offen zugegeben etwas neidisch auf alle damals gut finanzierten Biotech-Firmen schauten und mit Dienstleistungen unser Geld verdienen mussten, sicherlich keine verlorenen Jahre.