Quantifizierung und Vorhersage zellulärer Prozesse durch Insilico Cells

Das Bild zeigt einen Mann, der durch eine Petrischale guckt.

Quelle: Insilico Biotechnology AG

Firmenportrait Insilico Biotechnology AG

Von Bettina Stahnke

Bei welchen Patientengruppen wird ein neues Medikament wirksam sein? Bei welchen individuellen Veranlagungen muss mit Nebenwirkungen gerechnet werden? Wie können Tierversuche ersetzt werden? Wie wirken sich in biotechnologischen Produktionsprozessen Änderungen des Nährmediums oder der Prozessführung auf die Produktivität der Zellen aus? Fragen wie diese sind in der Pharma- und Biotechnologiebranche alltäglich. Insilico Biotechnology unterstützt innovative Life-Science- Unternehmen durch computergestützte Vorhersagen bei der Lösung dieser Fragestellungen.

Der Druck, mit neuen Produkten möglichst zeitnah an den Markt zu kommen und gleichzeitig die Entwicklungsrisiken und Kosten möglichst gering zu halten, stellt für die Unternehmen der Pharma- und Biotechnologiebranche eine zunehmende Herausforderung dar. Das Bestreben, Fermentationsprozesse oder Medikamentenwirkung und -sicherheit zu optimieren, lenkt den Fokus früher oder später auch auf die Quantifizierung und das Verständnis der intrazellulären Mechanismen.

Wirksame und sichere Medikamente − aber wie?

In der Pharmabranche ist das Risiko, einen Medikamentenkandidaten durch erst in späten klinischen Testphasen beobachtete Nichtwirksamkeit oder inakzeptable Nebenwirkungen fallenlassen zu müssen, nach wie vor hoch. Bis dahin sind jedoch meist bereits mehrere hundert Millionen Euro in die Entwicklung investiert worden − in diesem Fall vergeblich.

Wünschenswert ist daher eine frühzeitige Abschätzung der zu erwartenden Effekte eines Medikaments möglichst bevor teure klinische Studien gestartet werden. Hierzu ist eine Ausweitung der vorklinischen Tests notwendig, bei der auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Patientengruppen ausreichend abgebildet werden können. Primärzellmaterial einer ausreichend hohen Anzahl verschiedener Patienten ist jedoch häufig nicht verfügbar.

Üblicherweise werden in der präklinischen Phase Tierversuche durchgeführt, die allerdings zur Abschätzung der Effekte im Menschen nur bedingt geeignet sind und individuelle Unterschiede zwischen Patienten nicht berücksichtigen. Die gesellschaftliche Akzeptanz von Tierversuchen ist zudem nach wie vor gering.

Insgesamt steht der Vielzahl medizinischer Fragestellungen zwar ein durchaus ansehnliches Spektrum an Testmethoden zur Verfügung, doch sind diese Methoden zum einen limitiert in ihrer Aussagekraft, zum anderen ist das Handling und die umfassende, vernetzte Interpretation der entstehenden Datensätze eine Aufgabe von höchster Komplexität, die ohne Zuhilfenahme rechnerbasierter Methoden kaum bewältigt werden kann.

Insulin & Co. in hohen Mengen − aber woher?

Ähnliches gilt auch für die biotechnologische Produktion komplexer Verbindungen. Sowohl industriell genutzte Enzyme als auch therapeutisch eingesetzte Wirkstoffe wie z. B. Insulin werden heutzutage bevorzugt in lebenden Organismen hergestellt. Je nach gewünschtem Produkt kommen sowohl bakterielle Expressionssysteme wie Escherichia coli oder Bacillus subtilis, als auch Zellen höherer Organismen wie Hefen oder Säugetier-Zellen zum Einsatz. Jeder Produktionsprozess bietet dabei eine Vielzahl von Ansatzpunkten zur Optimierung. Änderungen beispielsweise der Medienzusammensetzung oder der Fütterungsstrategie einzeln oder durch statistische Versuchsplanung (DoE) zu implementieren und zu testen, erfordert jedoch hohe experimentelle Ressourcen und einen sehr langen Atem.

Hier setzt die in Stuttgart ansässige Insilico Biotechnology AG an, indem sie das Testen verschiedenster zellulärer Szenarien von der In-vitro- und In-vivo-Ebene auf die In-silico-Ebene, also auf die Ebene der computergestützten Modellierung und Simulation verlagert. Tausende biochemische Reaktionen und ihre mathematischen Abbildungen werden zusammengestellt und miteinander zu Reaktionsnetzwerken, den Insilico Cells™, verknüpft. Das Spektrum der berücksichtigten Pathways umfasst dabei sowohl Stoffwechsel- wie auch Genregulations- und Signaltransduktionsreaktionen.

Nach kundenspezifischer Anpassung und Verifikation der Insilico Cells™ durch Implementation von Messdaten des Kunden können dank High Performance Computing und firmeneigener Software systematisch Millionen verschiedenster zellulärer Szenarien durchgespielt werden, was einerseits die Quantifizierung und andererseits die Vorhersage der Effekte potenzieller Änderungen erlaubt. Hierdurch können zu erwartende erwünschte und unerwünschte Effekte gegeneinander abgewogen werden und entsprechende Empfehlungen durch Insilico ausgesprochen werden.

So konnte beispielsweise ein Produktionsprozess mit CHO-Zellen in silico optimiert werden, so dass durch die Nutzung der von Insilico ermittelten idealen Medienzusammensetzung eine Steigerung des finalen Produkttiters um 50 Prozent erreicht wurde.

Weitere Projekte umfassten das Design kompletter Zelllinien und bakterieller Produktionsstämme durch Neuzusammenstellung bekannter Stoffwechselwege sowie die Anpassung der Nährmedien für besonders vielversprechende Einzelklone. Anders herum können für Plattformprozesse, bei denen der Prozessablauf und die verwendeten Medien weitestgehend standardisiert sind, Klone anhand der Prozessvorgaben selektiert werden. Auch dies ist dank der Insilico-Technologie ohne weiteres möglich.

Verbesserung der Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten

Im Pharmabereich unterstützt Insilico den Entwicklungsprozess von der Targetvalidierung, also der Überprüfung der Nutzbarkeit eines möglichen Ansatzpunktes für ein neues Medikament, bis zur präklinischen und frühen klinischen Charakterisierung des Medikamentenkandidaten.

Ein Beispiel hierfür ist die Abschätzung der potenziellen Effekte von Veränderungen der zellulären Signaltransduktion, welche im Rahmen von Kombinationstherapien zur Behandlung von Krebserkrankungen in Frage kommen. Die Auswirkungen dieser Veränderungen auf den zellulären Stoffwechsel konnten von Insilico und seinen Partnern aufgedeckt und quantifiziert werden.

Darüber hinaus können dank der Möglichkeit der Verschaltung entsprechender Insilico Cells™ zu Organ- und Ganzkörpermodellen und differenzielle Betrachtung unterschiedlicher Patientengruppen weitergehende Vorhersagen zur zu erwartenden Wirksamkeit und Sicherheit eines Medikamentenkandidaten gemacht werden, die dazu beitragen, frühzeitig die richtigen Entscheidungen im Medikamentenentwicklungsprozess zu treffen.

Mit diesen Ansätzen hat Insilico die Brücke von den Grundlagen der Systembiologie zur industriellen Anwendung geschlagen. Die gezielte Priorisierung von Wirkstoffen, Experimenten und Optimierungsmaßnahmen ermöglicht eine Rationalisierung der Entwicklungsprozesse und trägt somit zu ihrer Verkürzung bei. Damit leistet Insilico auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag zu technologischem Fortschritt und Innovation in der Pharma- und Biotechnologiebranche.

 

Steckbrief Insilico Biotechnology AG

Das in Stuttgart ansässige, privatwirtschaftlich geführte Unternehmen Insilico Biotechnology AG ist Marktführer für Lösungen und Software rund um die Simulation lebender Zellen. Bei seiner Gründung im Jahr 2001 gehörte Insilico Biotechnology weltweit zu den Pionieren auf dem Gebiet der angewandten Systembiologie − eine Geschäftsidee, die durch den Startup-Preis der Otto-Beisheim-Stiftung, den Frost & Sullivan Award for Excellence in Technology und die Nominierung durch die Europäische Kommission für den European Information Society Technologies Prize Anerkennung erfuhr. Während die ersten Jahre hauptsächlich durch öffentlich geförderte und industrielle Forschungsprojekte geprägt waren, wurden ab 2005 aktiv Dienstleistungen für die Biotechnologiebranche angeboten.
Heute werden Lösungen zur effizienten Herstellung biotechnologischer Produkte und für das Testen von Medikamenten durch ein rund 20-köpfiges interdisziplinäres Expertenteam mithilfe von High-Performance-Computing und firmeneigener Software entwickelt. Für weltweit führende Unternehmen aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie reduziert Insilico-Technologie Zeit, Risiken und Kosten von Entwicklungsprozessen.


Referenzen:
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Kontakt

Dr. Bettina Stahnke
Insilico Biotechnology AG, Stuttgart
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www.insilico-biotechnology.com